Die Welle um die Welle: „Abmahnfallen“ werden oftmals in ihrer Bedeutung überschätzt

Stephan Dirks, Fachanwalt und Partner des DiWiSH-Mitglieds Dirks & Diercks Rechtsanwälte: „Nicht nur bezüglich des Urteils des Kölner Landgerichts zur Frage der Urheberkennzeichnung wird die Bedeutung von Gerichtsentscheidungen über den Einzelfall hinaus meist maßlos überschätzt“.

Fast täglich schafft es eine neue Meldung über neue „Abmahnfallen“ und raffgierige Anwälte, die diese ausnutzen, erst ins Netz - und danach oft auch in die etablierten Medien. Jüngstes Beispiel: Eine Entscheidung des Landgerichts Köln, wonach Urheberkennzeichnungen an kostenlos erhältlichem Bildmaterial im Einzelfall auch an den entsprechenden Fotos selbst anzubringen sein können. Die Empörungswelle im Netz ließ auch hier nicht lange auf sich warten. Vielerorts war zu lesen, dass das Urteil Handlungsbedarf für fast alle Webseiten nach sich ziehe. Das „Katastrophenurteil“ mache die „Nutzung fremden Bildmaterials praktisch unmöglich“. Die Verunsicherung bei Verbrauchern aber auch Unternehmern – zum Beispiel im Bereich Webdesign – ist groß.

„Nicht nur bezüglich des Urteils des Kölner Landgerichts zur Frage der Urheberkennzeichnung wird die Bedeutung von Gerichtsentscheidungen über den Einzelfall hinaus meist maßlos überschätzt“, weiß Stephan Dirks, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Partner in der Medienkanzlei Dirks & Diercks.

„Übersehen wird dabei oft, dass deutsche Gerichte stets nur Einzelfälle betrachten. In den allermeisten Fällen sind Entscheidungen daher nur in sehr wenigen rechtlichen Aspekten überhaupt verallgemeinerungsfähig. Das gilt erst recht, wenn nicht Obergerichte, sondern Amts- oder Landgerichte Urteile fällen, die oftmals in höheren Instanzen wieder aufgehoben werden. Im jetzt heiß diskutierten Fall des Kölner Landgerichts handelte es sich sogar nur um ein Verfahren über eine einstweilige Verfügung, so dass der vorläufige Charakter der Entscheidung schon im Verfahren selbst angelegt ist. Ich persönlich sehe hier derzeit auch keinerlei Handlungsbedarf für Webmaster.“

Der Kieler Urheberrechtsexperte meint, dass gerade in Bezug auf angebliche “Abmahnfallen“ ein kühler Kopf eher hilft als das Verbreiten von Panik und Verunsicherung. „Wir sehen mittlerweile bei fast jeder Entscheidung mit Bezug zum Internet Schockwellen der Empörung durch das Netz jagen. Egal, ob es um die Impressumspflicht geht oder darum, dass der Bundesgerichtshof angeblich das Embedding von Youtube-Videos verbietet: In aller Regel finden die herbeifantasierten Abmahnwellen nur als mediale Ankündigung statt. Tatsächlich bleiben sie meist aus.“

Die zweifellos echte 'Abmahnwelle' im Falle der angeblich rechtswidrigen Porno-Streams über die Plattform 'Redtube' sollte nicht den Blick dafür verstellen, dass solche Auswüchse eher die Ausnahme darstellen und nicht die Regel. Zumal hier gerade nicht Gerichtsentscheidungen zu Grunde lagen, sondern eine - nach fast einhelliger Ansicht: falsche - Rechtsauffassung einer einzelnen Rechtsanwaltskanzlei'.

Der Anwalt rät daher zu mehr Gelassenheit - Wenn auch nicht zu Sorglosigkeit. „Natürlich existieren für jeden, der sich online bewegt, rechtliche Risiken. Insbesondere ein Unternehmer ist nur gut beraten, wenn er gut beraten ist. Über die rechtliche Zulässigkeit seines Geschäftsmodells. Über die Notwendigkeit, Verträge rechtssicher zu gestalten. Über Urheber- und kennzeichenrechtliche Fragen. Das Thema 'Abmahnung' spielt bei so einer Beratung sicherlich auch eine Rolle - Aber es sollte nicht immer ganz oben auf der Agenda stehen“.

Verantwortlich für diesen Text:
Stephan Dirks,
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber und Medienrecht

Kontaktinformation:
Dirks & Diercks Rechtsanwälte, Büro Kiel Tel. 0431/53 01 32 01
E-Mail: kiel@dirksunddiercks.com
Weitere Kontaktinformationen finden Sie unter
http://dirksunddiercks.de/impressum/

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