Digitale Barrieren einreißen

Sinn von Kommunikation ist es, eine Botschaft zu übermitteln. Leider haben nicht alle Menschen die gleichen Fähigkeiten, diese zu verstehen. Damit alle die digitale Informationsfülle nutzen können, wird Kommunikation barrierearm. Wie sich das auf die Sprache auswirkt, verrät Kathrin Ivens.

Ein Artikel von Kathrin Ivens, New Communication GmbH & Co.KG


Alternativ oder ergänzend können Sie diesen Artikel auch in Leichter Sprache lesen. Die Übersetzung finden Sie unter dem Fachartikel.


Niemand bekommt gern Steine in den Weg gelegt. Manchmal liegen diese Steine aber nur einigen wenigen im Weg. Andere hüpfen einfach darüber, ohne sie zu bemerken. Deutschland ist auf einem guten Weg, Barrieren einzureißen. Wo es einst nur Treppen gab, werden nun Rampen gebaut. Reicht der Platz dafür nicht, hilft ein Lift bewegungseingeschränkten Menschen, ihr Ziel zu erreichen. Auch digital werden immer mehr Rampen gebaut.


Richtige Technik und verständliche Sprache

Diese Rampen bestehen aus vier 4 Eigenschaften.

  1. Wahrnehmbar: Der Inhalt muss wahrnehmbar sein. Für Blinde sollten Audio-Dateien angeboten werden. Für Gehörlose sollten Videos Untertitel tragen.
  2. Bedienbar: Viele Nutzer können keine Maus bedienen. Daher sollte eine Webseite auch immer per Tastatur bedienbar sein.
  3. Robust: Die Inhalte müssen auf möglichst vielen Browsern und Hilfsmitteln darstellbar sein.
  4. Verständlich: Die Inhalte müssen verständlich sein.

Hierbei geht es sowohl um den Aufbau der Seite als auch um die Texte. Textverständlichkeit war schon immer mehr als nur eine Kür. Denn es spart Unternehmen effektiv Geld. Doch verständlich ist nicht dasselbe wie barrierearm. Dazu bedarf es mehr. Christiane Maaß hat in ihrem Buch „Leichte Sprache“ die wichtigsten Regeln zusammengestellt. Sie arbeitet am Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation der Universität Hildesheim. Der Lehrstuhl legt besonderen Fokus auf den Forschungsbereich Barrierefreie Kommunikation.

Ziel dieser Kommunikation ist es, dass Menschen sich selbstbestimmt mit anderen austauschen können. Das gelingt nur, wenn Texte leicht lesbar und gut verständlich sind. Menschen mit Behinderungen haben seit 2008 gesetzlich das Anrecht auf wahrnehmbare Inhalte. Rechtliche Grundlage sind das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) von 2002 und seine Umsetzungsverordnung, die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) von 2011. Diese berücksichtigt bereits teilweise die Beschlüsse der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2008 in Kraft ist. Eine erste Frist lief bereits am 22. März 2014 ab. Zu diesem Stichtag mussten alle Behörden ihren Online-Auftritt in leichter Sprache zugänglich machen. In der Realität ist dies oft bis heute nicht der Fall.


Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache ist eine Varietät des Deutschen. Die Sprache wird dabei zum besseren Verständnis im Satzbau und Wortschatz systematisch reduziert. Zudem sollten Autoren davon ausgehen, dass die Leser kein bis sehr wenig Vorwissen haben. Schließlich werden in der Leichten Sprache – wann immer möglich – die Texte visuell aufbereitet. Bislang gibt es keine festen Regeln für Leichte Sprache.


Informationen verteilen

In Leichter Sprache nutzt man kein Präteritum. Es heißt also „er hat geschrieben“ und nicht „er schrieb“. Ziel ist es, die Informationen auf mehrere Wörter aufzuteilen. Der Leser erkennt anhand mehrerer Wörter Person, Zeit und Verb. Gleiches gilt bei der Verneinung. Ob man ein Bild oder kein Bild gemalt hat, macht einen großen Unterschied. Textlich ist es nur der Buchstabe „k“. In der Leichten Sprache nutzt man daher das Wort „nicht“: „Sie hat heute nicht ein Bild gemalt.“ Eine weitere Hürde ist der Genitiv. Der Ausdruck „Nachbars Katze“ kann verwirren. Die Umschreibung „die Katze vom Nachbarn“ verteilt die Informationen auf mehrere Wörter und ist einfacher zu erfassen.


Baum vor Ahorn

Zentrale Kategorien haben Vorrang vor peripheren. So heißt es in der Fachsprache. Genau bedeutet das: Wir schreiben „Baum“. Denn diesen Begriff kennt jeder. Ahorn oder Kastanie verwenden wir nicht. Denn wir können nicht davon ausgehen, dass diese Begriffe gelernt sind. Ein weiterer elementarer Baustein ist die Handlungsorientierung. Die Texte sollen Ross und Reiter klar benennen. Es darf kein Rätselraten darum geben, wer was tut. Oft liest man in behördlichen Texten „Der Antrag wurde abgelehnt“. Durch diese Passivkonstruktion weiß man nicht, wer hier etwas abgelehnt. Besser: „Herr Meier hat den Antrag abgelehnt.“ Auch Genitivkonstruktionen in Nominalstil sind zu vermeiden.


Wichtiges betonen

Schließlich geht es darum, dass Informationen beim Empfänger ankommen. Dazu werden sie in der Leichten Sprache wie folgt betont:

  • Das Ende des Satzes wird sowohl mit einem Punkt als auch mit einem Absatzwechsel markiert.
  • Die Negativmarker „nicht“ werden mit Fettdruck gekennzeichnet.
  • Zentrale oder schwierige Konzepte werden mit Bildern, Grafiken oder Piktogrammen gestützt.
  • Erläuterungen schwieriger Wörter erscheinen nicht nur einmal im Text, sondern immer wieder.


Sprache, Ethik und mehr

Neben diesen Grundprinzipien des Sprachsystems gibt es weitere im Bereich der Ethik. Man spricht beispielsweise die Leser als Erwachsene an. Viele Schreiber verfallen oft in eine kindliche Sprache. Das ist nicht das Ziel der Leichten Sprache. Daneben hat die Verständlichkeit immer Vorrang. Aus diesem Grund wird bei Texten in Leichter Sprache auf eine geschlechtergerechte Sprache verzichtet.


Hilfe durch Technik

Das sind die Grundprinzipien der Leichten Sprache. So zu schreiben erfordert Übung und immer wieder einen wachen Blick auf den geschriebenen Text. Das Netzwerk Leichte Sprache hat als Richtschnur Regeln in Leichter Sprache erstellt. Hilfe bietet auch eine spezielle Software. Diese nutzt New Communication zur Erstellung von Texten innerhalb einer Corporate Language und zur Prüfung der Verständlichkeit. Aktuell arbeiten wir mit Communication Lab und der Uni Hildesheim an einer Verbesserung der Software. Ziel ist es aber sicherlich nicht, eine perfekte Software zu entwickeln. Wir wollen möglichst viele digitale Hürden einreißen und Menschen miteinander verbinden. Denn das ist der Kern jeder Kommunikation.


Quellen


Die Autorin

Kathrin Ivens Ist PR-Beraterin bei New Communication. Bei der ausgebildeten Journalistin dreht sich alles um das Thema Sprache. Sei es bei redaktionellen Beiträgen, in sozialen Medien oder bei der internen Unternehmenskommunikation: Kathrin kennt sich aus. Ihr Spezialthema ist die Corporate Language. Denn nicht nur mit einem Corporate Design können Unternehmen punkten.


Kontakt

Kathrin Ivens
New Communication GmbH & Co.KG
Werbe- und Marketingagentur
Jägersberg 23
24103 Kiel
Tel.: 0431.90607-29
Fax: 0431.90607-77
E-Mail: ivens@new-communication.de
Web: www.new-communication.de

 

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Übersetzung

Menschen mögen nicht Steine in ihrem Weg.

Manchmal liegen aber Steine in dem Weg von einigen Menschen.

Andere Menschen hüpfen einfach über diese Steine.

Die Menschen in Deutschland versuchen gerade, alle Steine für alle Menschen aus dem Weg zu räumen.

Früher gab es oft nur Treppen. 

Heute gibt es auch Rampen. 

Manchmal ist zu wenig Platz für eine Rampe. 

Dann bauen Arbeiter einen Aufzug.

Der Aufzug hilft Menschen, an ihr Ziel zu kommen. 

Auch im Internet gibt es Hilfen.

Mit den Hilfen verstehen alle Menschen alles. 

 

Richtige Technik und einfache Sprache

Die Hilfen müssen 4 Sachen erfüllen:

  • Für jeden Menschen zu verstehen:
    • Ein Mensch, der nicht sehen kann, muss den Inhalt hören können.
    • Ein Mensch, der nicht hören kann, muss den Inhalt sehen können.
    • Zum Beispiel mit einem Text unter einem Film.
  • Jeder Mensch muss die Internetseite nutzen können:
    • Manche Menschen nutzen eine Maus dazu.
    • Damit ist nicht das Tier gemeint.
    • Eine Maus ist ein Gerät.
    • Mit diesem Gerät steuert man einen Computer.
    • Wenn Menschen eine Maus nicht nutzen können, brauchen sie etwas anderes.
    • Die Menschen nutzen dann zum Beispiel die Tastatur.
    • Das ist das Gerät mit den Buchstaben.
    • Damit kann man schreiben und steuern.
    • Menschen müssen die Seite auch mit der Tastatur nutzen können.
  • Die Internetseite muss auf vielen Geräten funktionieren:
    • Jeder Computer muss die Seite anzeigen.
  • Jeder Mensch soll die Seite verstehen:
    • Alle Texte und Bilder sollen leicht zu verstehen sein.

 

Der Text und der Aufbau müssen leicht zu verstehen sein.

Dass jeder Mensch alles versteht, ist schon immer wichtig gewesen.

Unternehmen können dadurch Geld sparen.

Es gibt Texte, die leicht zu verstehen sind.

Die Texte sind auf Deutsch geschrieben.

Es gibt aber auch Texte, die noch besser zu verstehen sind.

Die Texte sind in Leichter Sprache geschrieben.

Christiane Maaß kennt sich sehr gut mit Leichter Sprache aus.

Christiane Maaß arbeitet an der Universität in Hildesheim.

Christiane Maaß hat ein Buch über Leichte Sprache geschrieben.

Christiane Maaß erklärt in dem Buch, wie jeder in Leichter Sprache schreibt.

Die Art von Sprache heißt barrierefreie Kommunikation.

Das bedeutet, dass jeder Mensch alles gut verstehen kann.

Das ist wichtig.

So kann jeder Mensch mit jedem anderen Menschen reden.

Und das ohne die Hilfe von einem anderen Menschen.

Damit das klappt, müssen die Texte leicht zu lesen und zu verstehen sein.

Menschen mit Behinderungen haben auf solche Texte seit 2008 ein Recht.

Das Recht heißt Behindertengleichstellungsgesetz.

Das Recht wird mit BGG abgekürzt.

Seit 2002 ist es gültig.

Die Verordnung dazu heißt Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0)

Diese Verordnung ist seit 2011 gültig.

Die Grundlage für die Gesetze ist eine Konvention.

Eine Konvention ist eine Vereinbarung.

Diese heißt UN-Behindertenrechtskonvention.

Die Konvention ist seit 2008 in Kraft.

Seit dem 22. März 2014 müssen alle Behörden ihre Internetseiten in Leichter Sprache schreiben.

Behörden sind Büros vom Staat.

Dazu gehören Rathäuser und Ministerien.

Leider schreiben noch nicht alle Behörden in Leichter Sprache.


Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache ist eine Variante der deutschen Sprache.

Das bedeutet, dass Leichte Sprache ähnlich ist wie die deutsche Sprache.

Damit jeder Mensch deutsche Sprache verstehen kann, gibt es Leichte Sprache.

Leichte Sprache besteht aus einfacheren Sätzen.

Leichte Sprache verwendet weniger Wörter.

Jeder Mensch, der Leichte Sprache liest, muss nicht viel vorher wissen.

Jeder Mensch, der Leichte Sprache schreibt, erklärt alles.

In Leichter Sprache versucht man, Inhalte als Bild zu zeigen.

Das ist leider nicht immer möglich.

Bisher gibt es nicht feste Regeln für Leichte Sprache.


Informationen verteilen

In Leichter Sprache nutzt man eine bestimmte Form der Vergangenheit.

Die Form heißt Perfekt.

Das bedeutet, dass man „er hat geschrieben“ schreibt.

In deutscher Sprache gibt es noch eine 2. Form.

Die 2. Form heißt Präteritum.

Im Präteritum würde man „er schrieb“ schrieben.

Man nutzt das Perfekt, weil es mehr Wörter hat.

Die Informationen vom Satz sind so auf mehr Wörter verteilt.

Der Leser hat mehr Wörter, um den Inhalt zu verstehen.

Zum Inhalt gehören zum Beispiel die Zeit und die Person.

Um in Leichter Sprache Nein zu sagen, nutzt man das Wort „nicht“.

Er hat nicht ein Bild gemalt.

In Deutsch kann man das Wort „kein“ nutzen.

Er hat kein Bild gemalt.

Aber ein und kein sind sehr ähnlich.

Deshalb nutzen wir in Leichter Sprache besser das Wort „nicht“.

Wir nutzen auch nicht den Genitiv.

Der Genitiv ist eine Form der deutschen Sprache.

Er gibt an, wem etwas gehört.

Zum Beispiel kann man schreiben: Nachbars Katze.

In Leichter Sprache schreibt man: die Katze vom Nachbarn.

Durch diese Wörter kann der Leser den Text besser verstehen.


Besser Baum als Ahorn

Ein Ahorn ist ein besonderer Baum

In Leichter Sprache schreibt man einfache Wörter.

Ein einfaches Wort ist Baum.

Ein schweres Wort ist zum Beispiel Ahorn oder Kastanie.

Ein Ahorn und eine Kastanie sind Bäume.

Nicht jeder Mensch weiß das.

Deshalb schreiben wir besser Baum.

In Leichter Sprache ist es auch wichtig, dass der Leser versteht, wer was tut.

Manchmal versteht der Leser das in deutscher Sprache nicht.

Ein Beispiel ist: „Der Antrag wurde abgelehnt“.

Ein Antrag ist ein Brief, in dem der Schreiber um etwas bittet.

Man weiß nicht, wer den Antrag abgelehnt hat.

In Leichter Sprache schreibt man besser: „Herr Meier hat den Antrag abgelehnt.“

Wenn man so schreibt, heißt das aktiv.


Wichtiges betonen

Leichte Sprache hilft Menschen, alles zu verstehen.

Darum betonen wir alles Wichtige in Leichter Sprache.

  • Am Ende von einem Satz machen wir einen Punkt.
  • Jeden neuen Satz beginnen wir in einer neuen Zeile.  
  •  „Nicht“ schreiben wir immer fett.
  • Besonders Wichtiges zeigen wir auch in einem Bild.
  • Wir erklären schwere Wörter immer.


Sprache, Ethik und mehr

Ethik beschäftigt sich mit menschlichem Verhalten.

Ich habe bisher viele Regeln erklärt.

Alle Regeln erklären, wie man schreiben soll.

Dabei geht es um die Technik.

Es gibt noch weitere Regeln.

Die Regeln erklären, wie man Leser anspricht.

Man spricht Leser als Erwachsene an.

Man spricht Leser nicht als Kind an.

Am wichtigsten ist, dass jeder Mensch alles versteht.

Die Grammatik ist nicht so wichtig.

Grammatik sind die Regeln für deutsche Sprache.

Grammatik beschreibt, wie man Sätze zusammenbaut.

In Leichter Sprache verzichtet man auf die männliche und weibliche Form.

Man schreibt als Leser.

Man schreibt nicht Leser und Leserin.

Man meint aber immer Frauen und Männer.


Hilfe durch Technik

Das sind die Regeln der Leichten Sprache gewesen.

Um in Leichter Sprache zu schreiben, muss man üben.

Die Regeln gibt es auch im Internet.

Das Netzwerk für Leichte Sprache hat die Regeln geschrieben.

Man findet sie hier.

Es gibt auch Technik.

Sie hilft Menschen, in Leichter Sprache zu schreiben.

Die Agentur New Communication nutzt diese Technik.

Das Unternehmen Communication Lab hat diese Technik gemacht.

Die Universität Hildesheim arbeitet auch an dieser Technik.

Technik ist nicht perfekt.

Es ist wichtig, dass alle Menschen alle Texte lesen können.

So sind alle Menschen miteinander verbunden.

Das ist das Ziel von Kommunikation.

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