Fraunhofer ISI-Studie: Deutsche IT-Branche unterschätzt

Die Software- und IT-Dienstleistungsbranche in Deutschland entwickelt sich zu einem eigenständigen Wirtschaftsfaktor, dessen Bruttowertschöpfung und Beschäftigung sich in den nächsten zwei Jahrzehnten verdoppeln wird. Doch derzeit wird der Sektor als treibende Wirtschaftskraft und Querschnittsfunktion in der Standort- und Industriepolitik systematisch unterschätzt. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer Studie des Karlsruher Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Danach steht bis 2030 ein Beschäftigungswachstum von 80 Prozent bevor, was rund 452.000 neuen Arbeitsplätzen entspricht. Die Branche spielt zudem eine zentrale Rolle bei intelligenten Netzen und Technologien, mit der die Gesellschaft künftige Herausforderungen wie etwa den Klima- oder demographischen Wandel bewältigen kann. Kontinuierlicher Wachstum Die Software- und IT-Dienstleistungsbranche in Deutschland wächst kontinuierlich: In den letzten Jahren entwickelte sich diese Branche besser als die Gesamtwirtschaft und verzeichnete neben einer steigenden Bruttowertschöpfung ebenso einen Anstieg im Umsatz, Produktionsumfang als auch in der Anzahl von Arbeitsplätzen. Im Jahr 2030 wird der Sektor in Deutschland eine Bruttowertschöpfung von jährlich 90 Mrd. Euro erwirtschaften, den Umsatz im Maschinenbau prognostizieren Experten von Prognos dahingehend mit 100,8 Mrd. Euro und im Fahrzeugbau mit 115,1 Mrd. Euro. Die in Deutschland aus volkswirtschaftlicher Sicht oftmals besonders beachteten Sektoren Maschinen- und Fahrzeugbau werden in den kommenden 15 bis 20 Jahren im Wachstum stagnieren, während die Software- und IT-Dienstleistungsbranche ihren Anteil an der Bruttowertschöpfung verdoppeln wird. Digitale Grundlage für gesamte Wirtschaft und Gesellschaft Die Software- und IT-Dienstleistungsbranche gewinnt in Zukunft weiter an Bedeutung, wenn es um die digitalen Grundlagen für Wirtschaft und Gesellschaft geht. Der Anteil dieser Branche an der Gesamtbeschäftigung wird so bis 2030 von 1,42 Prozent (2007) auf 2,72 Prozent ansteigen und somit bis zu 452.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Der Anteil der Software- und IT-Dienstleistungsbranche an der Gesamtbruttowertschöpfung wächst im gleichen Zeitraum auf nahezu 3,23 Prozent an. Im Jahr 2030 umfasst der Software- und IT-Dienstleistungssektor knapp 1,016 Mio. Beschäftigte, der Maschinenbau etwa 0,947 Mio. gefolgt vom Fahrzeugbau mit rund 0,885 Mio. Arbeitsplätzen. Software als Motor für Innovation und Wachstum Die Software- und IT-Dienstleistungsbranche ist von hoher Dynamik und Innovationsfähigkeit geprägt: Zum einem verzeichnet die Branche eine hohe Zahl von jährlichen Unternehmensgründungen und zum anderen verfügt sie über eine starke Technologie- und Forschungsorientierung. So entfallen rund 60 Prozent der Unternehmensgründungen für technologische Dienstleistungen allein auf den Software- und IT-Dienstleistungs- sowie den TK-Sektor. Trotz derzeitiger Wirtschaftskrise ist dieser Trend weiterhin unverändert und stimuliert durch die Innovationskraft der Branche Wertschöpfung und Produktivität anderer Wirtschaftssektoren. Abhängigkeit der Industrieprodukte von IT „Mittlerweile hängen über die Hälfte aller Industrieprodukte mittelbar oder unmittelbar vom Einsatz von ITK-Technologien ab. So arbeiten heute außerhalb der Software- und IT-Dienstleistungsbranche bereits mehr IT-Fachkräfte als im Sektor selbst", erklärt BITKOM-Präsident Professor August-Wilhelm Scheer. Lösung für gesellschaftliche Herausforderungen Die Software- und IT-Dienstleistungsbranche leistet mit ihrer Innovationskraft auch einen wesentlichen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Denn Software nimmt heute bereits eine zentrale Rolle ein, in dem sie vielen bestehenden Netzen und Technologien eine „intelligente“ Funktionalität hinzufügt. Die flächendeckende Versorgung mit intelligenten Netzen auf Breitbandbasis als Basisinfrastruktur der Wissensgesellschaft gehört ebenso dazu, wie die Sicherung der Energieversorgung, das Bewältigen des Klimawandels oder die Verbesserung der medizinischen Versorgung bei gleichzeitiger Kostenreduzierung. Forderung nach Einrichtung eines Software-Fonds Karl-Heinz Streibich, Vorstandsvorsitzender der Software AG: "Angesichts der Bedeutung von Software für Innovationen in allen Industriebranchen und der öffentlichen Verwaltung braucht Deutschland eine eigenständige und wettbewerbsfähige Software-Industrie. 100 Softwarefirmen mit mindestens 100 Mio. Euro Umsatz muss unser Ziel sein. Hier hilft, wenn die Politik die Softwareindustrie strategisch in der Wirtschafts- und Innovationspolitik verankert. Durch die Einrichtung eines speziellen „Software-Fonds“ innerhalb des geplanten High-Tech-Fonds II oder durch den verstärkten Einsatz innovativer Softwareprodukte im öffentlichen Bereich werden wesentliche Zeichen gesetzt.“ Clusterorganisationen stärken Software wird mittlerweile zwar als Schlüssel- und Querschnittstechnologie in geförderten Aktivitäten berücksichtigt, aber die Branche selbst ist kaum oder gar nicht Ziel von Maßnahmen. Eine nachhaltige und abgestimmte Strategie aller Interessensgruppen aus der Politik, der Branche und Unternehmen kann die Weichen stellen, um der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Branche gerecht zu werden. Dazu zählen vor allem: Bestehende IT-Cluster auf nationaler und europäischer Ebene nachhaltig unterstützen Durch die gezielte Förderung von Unternehmenskooperationen und übergreifende Leuchtturmprojekte können existierende Standorte sowie Cluster der Software- und IT-Dienstleistungsbranche gestärkt und ausgebaut werden. Gezielte Einbeziehung in Zukunftsprojekte wie Energie, Mobilität, Gesundheit und Verwaltung Da Software als Kernbestandteil intelligenter Netze wesentlich für den Erfolg großer Zukunftsprojekte wie Elektromobilität, Energieeffizienz sowie der Modernisierung des Gesundheitswesen oder der Verwaltung ist, sollte die Branche explizit in die entsprechende Großprojekte mit einbezogen werden. Die Rahmenbedingungen auf Wachstum ausrichten Um das aufgezeigte Wachstumspotenzial der Software- und IT-Dienstleistungsbranche umfassend auszuschöpfen, sollte der Staat als Auftraggeber sein Nachfragepotenzial ausnutzen. Das Schaffen von Anreizen für Venture Capital-Investitionen in deutsche Unternehmensgründungen, gewährleistet eine anhaltende Gründungsdynamik und schafft Wachstumsmöglichkeiten. Ein Ausbau der F&E-Förderung durch steuerliche Anreize stärkt die Innovationsdynamik und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Informationen zur Studie Das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (Fraunhofer ISI) führte unter wissenschaftlicher Leitung von Timo Leimbach die Studie „Software und IT-Dienstleistungen: Kernkompetenzen der Wissensgesellschaft Deutschland“ durch. Die Studie des Fraunhofer ISI im Auftrag von BITKOM, IDS Scheer, SAP und der Software AG wertete dazu die Ergebnisse zahlreicher deutscher sowie internationaler Untersuchungen aus und leitet daraus zentrale Handlungsempfehlungen ab. Ziel der Untersuchung war es, die Rolle der Software-Branche hinsichtlich gesamtwirtschaftlichen Wachstums, Beschäftigung sowie des Beitrags zur Wissensgesellschaft zu analysieren. Die Studie ist als Download erhältlich. Weitere Informationen http://isi.fraunhofer.de/isi-de/t/projekte/tl-softwareindustrie-in-deutschland.php Quelle BITKOM

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